Transparenz im Netz
Nachdem das Thema „Kennzeichnung von Werbung bei Influencer Marketing“ in der Vergangenheit immer mal wieder auf diversen Plattformen diskutiert wurde, gibt es seit einigen Tagen eine Online- Petition gegen Schleichwerbung auf sozialen Netzwerken, auf die ich euch gerne aufmerksam machen möchte.
Aber beginnen wir etwas weiter vorn:
Als Scott Disick (einer, der irgendwas mit den Kardashians zu tun hat) im letzten Jahr ein ganz bestimmtes Foto von sich selbst mit einer großen Dose Proteinshake- Pulver auf Instagram veröffentlichte, markierte das einen vorläufigen, an Peinlichkeit kaum zu überbietenden Höhepunkt in Sachen Schleichwerbung/ Influencer Marketing.
Was ist passiert?
Seine Bildbeschreibung enthielt nicht nur seinen Werbetext, sondern darüber hinaus die vorangestellte Anleitung der Firma, die ihm neben dem Inhalt der Bildbeschreibung auch die Uhrzeit vorgab, wann der Post online gehen sollte.
Anstatt „Keeping up with the summer workout routine with my morning @booteauk protein shake!“ stand da also: „Here you go, at 4pm est, write the below. Caption: Keeping up with the summer workout routine with my morning @booteauk shake!“ unter dem Bild.
Nachdem der Shake dieser Firma bereits zuvor „rein zufällig“ (räusper) zur Fitnessroutine diverser Stars und Sternchen gehörte und fleißig auf Instagram „empfohlen“ wurde, war nach dieser Aktion wohl auch dem Letzten klar, dass es sich hierbei nicht um ehrliche Empfehlungen, sondern schlicht um Schleichwerbung und Manipulation der Follower in Reinform handelte. Letztere folgen den Influencern nämlich in der Regel, weil sie deren Meinung vertrauen und davon ausgehen, dass es sich bei solchen Posts um echte Empfehlungen handelt. Tatsächlich lässt sich der Herr laut dieser Seite mit 15.000-20.000 $ pro Werbepost bezahlen.
Was sind eigentlich „Influencer“?
Influencer sind Personen, die in sozialen Netzwerken einen großen Bekanntheitsgrad nebst entsprechender Reichweite haben und deren Meinungen demzufolge bei ihren Followern eine sehr hohe Relevanz haben.
Für Firmen sind Influencer als Werbeträger besonders wertvoll, da ihr Produkt über diese mit vergleichsweise wenig Aufwand einen sehr großen Empfängerkreis erreicht.
Die Werbung wird in der Regel nicht als solche erkannt und deswegen unkritischer übernommen, als wenn es eine gekennzeichnete Anzeige gewesen wäre, und der Nutzer wird – ohne es zu bemerken – in seiner Kaufentscheidung beeinflusst.
Kommen wir zum Punkt am Beispiel Blogs:
Ich verfolge Blogs nun schon seit gefühlten Ewigkeiten, habe diese Entwicklung über die Jahre hinweg beobachtet und finde es wahnsinnig schade in welche Richtung das Ganze mittlerweile abgedriftet ist.
Anfangs waren Blogs eine Plattform zum Ausdruck von Kreativität und Individualität, man folgte Bloggern, weil sie zum Beispiel einen besonders tollen Stil hatten, ehrliche Produktbewertungen schrieben oder irgendetwas gut konnten. Mit manchen konnte man sich identifizieren, andere waren wiederum gerade wegen ihrer „Andersartigkeit“ interessant.
Der wichtigste Punkt war hierbei immer Glaubwürdigkeit und Vertrauen:
Man konnte sich darauf verlassen, dass man ehrliche Meinungen zu lesen bekam. Es ging um Authentizität, es standen die Persönlichkeit und der tatsächliche Geschmack des Bloggers im Vordergrund, und im Gegensatz zu den werbefinanzierten Magazinen konnte man echte, ungefilterte Empfehlungen lesen. Nachdem die Fashion- Blogger anfangs oft von Seiten der Mode- Journalisten belächelt wurden, entwickelte sich daraus eine riesige Branche mit einflussreichen Meinungsmachern.
Das ist grundsätzlich erst mal keine schlechte Entwicklung, denn letztendlich wird damit endlich die harte Arbeit, die viele in ihre Blogs stecken, mit entsprechender Anerkennung honoriert.
Die größer werdende Akzeptanz und der damit einhergehende Erfolg rief schließlich diverse Firmen auf den Plan, die erkannten, wie wertvoll es ist, von solchen Meinungsmachern bei deren Anhängerschaft erwähnt zu werden – die weitere Entwicklung ist bekannt:
Mittlerweile erhalten Influencer nicht nur Produkte geschenkt, sondern darüber hinaus die erwähnten hohen Geldbeträge für das Empfehlen von Produkten, oft zusammen mit komplett vorgegebenen Texten, die natürlich auch entsprechend suchmaschinenoptimiert aufbereitet sind. Einen sehr interessanten Einblick inklusive ein paar konkreter Zahlen findet ihr in dieser kürzlich erschienenen Dokumentation vom WDR.
An welchem Punkt wird das problematisch?
Ich kritisiere nicht Werbung an sich – das ist auch nicht das Thema der Petition.
Durch die Professionalisierung der Branche wurde Bloggen für viele zum Vollzeitberuf, spätestens dann müssen Einnahmen generiert werden, und dies funktioniert nun mal unter Anderem oder vor Allem über Werbung.
Als Unternehmen kann ich auf Blogs beispielsweise Anzeigen schalten oder Werbeposts kaufen. Solange die Anzeige als solche gekennzeichnet und von den redaktionellen Inhalten klar getrennt ist, ist das selbstverständlich völlig in Ordnung.
Es gibt tolle Blogs, die ihre „Sponsored Posts“ großartig aufbereiten, indem sie hochwertige Bilder kreieren und schöne Texte dazu formulieren, so dass auch der bezahlte Post für den Leser einen Mehrwert bietet. In einem solchen Fall stört das niemanden, denn es mindert die Qualität des Postings nicht, wenn es durch ein „sponsored by“ oder „Anzeige“ gekennzeichnet ist.
Problematisch (und meiner ganz persönlichen Meinung nach unverschämt bzw. unfair auch denjenigen gegenüber, die sich wirklich Mühe geben) wird es, wenn die Kennzeichnung fehlt und dadurch für den Leser nicht mehr klar erkennbar ist, ob es sich bei dem Produkt um eine ehrliche Empfehlung handelt, oder ob der Blogger für den Artikel bezahlt wurde. Möglicherweise ist ein bezahlter Influencer gar nicht selbst von dem Produkt überzeugt oder er hat es erst gar nicht ausprobiert.
Und wie erkenne ich jetzt ob mich ein Influencer gerade manipuliert oder ob er zb wirklich hinter dem Produkt steht?
Ich finde, dass das leider nicht immer leicht zu differenzieren ist.
Oft sind Blogger, Fotografen und Designer persönlich vernetzt oder befreundet und arbeiten neben den bezahlten Aufträgen auch an freien Projekten/ Editorials zusammen, bei denen für keinen der Beteiligten Geld fließt.
Auch ist es zum Beispiel auf Instagram völlig üblich, Firmen auf Bildern zu verlinken, auf denen man Produkte zeigt die man selbst gekauft hat: Zum Einen zur Information für die Follower und zum Anderen weil man eben wirklich die neue Tasche total liebt und das Label unterstützen oder einfach nur mit dem Teil angeben will 😀
Das heißt:
Nicht hinter Allem was markiert und damit „beworben“ wird, steckt Schleichwerbung!
Leider entsteht aber durch diejenigen, die nicht einmal offensichtliche Werbung kennzeichnen, bei vielen mittlerweile ein Generalverdacht und plötzlich ertappt man sich selbst (oder andere) dabei, wie man hinter jedem Post, bei dem ein Produkt verlinkt wird einen bezahlten Werbeeintrag vermutet – auch wenn dem in diesem Fall vielleicht gar nicht so ist.
Und genau darum ist es so wichtig im Interesse aller Beteiligten hier auf die Einhaltung der entsprechenden Gesetze zu achten und klar zu kommunizieren, was jetzt bezahlte Werbung und was unbezahlter Content ist.
Gesetze und Regeln gibt es übrigens bereits, hier könnt ihr nachlesen was ein Anwalt zu den rechtlichen Rahmenbedingungen von Influencer Marketing sagt:
https://de.onpage.org/blog/zu-den-rechtliche-rahmenbedingungen-von-influencer-marketing
Und unter folgendem Link findet ihr ein pdf der Medienanstalt, in dem sehr gut erklärt ist wie und was gekennzeichnet werden muss:
Manchmal ist es aber ein bisschen leichter zu erkennen:
Ein gutes Indiz dafür ist zum Beispiel wenn der Influencer plötzlich irgendetwas in den höchsten Tönen lobt, mit dem man ihn jetzt nicht unbedingt verbunden hätte, etwa wenn ich als Vertreter nachhaltiger Mode auf einmal chinesische Massenware anpreisen würde oder ein Vegetarier Werbung für Wurstsemmeln macht.
Oder wenn ein bestimmtes Produkt in auffällig vielen Influencer Feeds auftaucht, sogar häufig mit dem gleichen Text.
Für mich persönlich ist es beispielsweise oft enttäuschend wenn ich mich auf Reiseberichte freue und die Reiseberichte dann nur aus ein paar Fotos von „Influencer mit Kaffeebecher am Flughafen“, „Influencer im Hotel“, „Influencer auf der Rückreise im Flugzeug“ bestehen. Das hat mit einem tatsächlichen Reisebericht, in dem man etwas über das Ziel erfährt oder wenigstens durch ein paar schöne Bilder neugierig auf das Land gemacht wird, nichts zu tun, legt aber den Verdacht nahe, dass es hier lediglich um Werbung für das Hotel und/ oder die Fluggesellschaft geht.
Kurz gesagt: Auf lieblose Blogpost- Aufbereitungen oder Profile, die zu reinen Shoppingkanälen mutieren, auf denen wahllos diverse Produkte beworben werden und es nur noch um oberflächlichen Konsumwahn und die Anstiftung zu Selbigem geht kann ich gut verzichten.
Ich finde es daher sehr wichtig, dass mit Werbung in Zukunft auch – oder gerade – im Influencer Bereich verantwortungsvoller und ehrlicher umgegangen wird, um das Vertrauen wieder herzustellen. Auch in Hinblick auf die jüngeren Follower, die laut einer Studie heutzutage oft kaum in der Lage sind echte Nachrichten von Werbung zu unterscheiden (Quelle). Diese Petition ist schonmal ein guter Schritt in die richtige Richtung, ich würde mich daher freuen, wenn auch Ihr sie mit eurer Unterschrift unterstützen würdet 🙂
Den Link zur Petition findet Ihr hier:
Online- Petition (Edit: Link enfernt, da abgelaufen)
Habt einen schönen Abend,
Eure Rohmy